Faris Al-Sultan hat nach seinem Sieg in Klagenfurt bei knapp 40° auf eine ziemlich dämliche Reporterfrage, ob es denn hart gewesen wäre, geantwortet: „Es ist immer hart, aber manchmal ist es einfach nur brutal!“

IM Vichy, ausgewählt im Herbst 2019: Ich war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung – eine LD mit einem Radsplit mit einigen Höhenmetern mehr als die bisherigen Drückerstrecken wie Klagenfurt, Frankfurt, Roth, Kalmar oder Kona. Erfahrungswerte, wie Zeiten aus den letzten Jahren gab es keine, da die Radstrecke völlig neu war. Nur, dass es oft sehr heiß sein kann in dieser Region in Zentralfrankreich.

Der eigentliche Familienplan – Renate tritt in Klagenfurt und ich in Vichy an – wurde, aus dem bekannten Grund mehrere Male über den Haufen geworfen. Auch die letzte Version – wir starten beide in Vichy – mussten wir wegen der Meniskusverletzung von Renate adaptieren.

Wie sich dann herausgestellt hat, war das für meinen Rennverlauf nicht ganz unwesentlich.

Sonntag 22.08.:

Start 06:30 Uhr: Das Schwimmen findet im Lac D’ Allier, einem aufgestauten Fluss statt. Die Herausforderung dabei: Es ist noch finster, als es mit Sprung ins Wasser losgeht. Orientieren nach den gesetzten Bojen ist erst nach ca. 15‘ möglich, bis dahin kann man sich nur vertrauensvoll an die Füße der Vorderleute hängen. Die Schwimmstrecke ist eine Runde in Form eines Rechtecks. Nach 1:07:30 ist die Sache beendet. Und um aufkommende Fragen gleich zu beantworten: Ja – das Schwimmtraining im Winter hat seine Berechtigung, auch wenn es sich nur im Minutenbereich auswirkt.

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Bei dieser Veranstaltung hätte es auch die Möglichkeit eines Bike – Run Bewerbes gegeben, welcher aber eh nur spärlich besucht war. Für mich eher unverständlich, denn schließlich heißt der Sport immer noch Triathlon. Allerdings bis Ende Juli war nicht klar, ob es nicht für alle ein Duathlon wird, da ein Ventilbruch beim Staudamm das Wasser verschwinden hat lassen.

Nach einem kurzen Wechsel (der Weg war sehr kurz – ich war weniger flott) beginnt ein Radsplit, der, ich nehme es vorweg, so nicht zu erwarten war. Die noch vor einigen Tagen prognostizierte Hitze bleibt aus. Es beginnt mit einer ca. 30km langen Strecke mit einer Steigung über rund 3km und 200Hm, bis man in die erste von 2 Runden einbiegt. Wir sind im Rahmen der Anreise einen Großteil der Stecke mit dem Wohnmobil abgefahren. In einer Runde kommen dann zwei kurze Anstiege mit 4 – und 2km und ein langer Anstieg mit rund 16km auf mich zu. Allesamt nicht sehr steil, aber die Abfahrten haben’s in sich – technisch sehr anspruchsvoll, viel unübersichtliche Kurven und teilweise sehr alter Straßenbelag.

So weit so gut, das alles war mir im Vorfeld bewusst. Was mich überrascht hat, war das Wetter: Nach dem langen Anstieg ist man ca. auf 900m Seehöhe. Statt 30° hat es nur mehr gefühlte 8 – 10°, es ist nebelig und es fängt leicht zu regnen an. Und weil es so traumhaft ist, kommt das Ganze ein zweites Mal, dann allerdings mit teilweise starkem Regen. Nach 90km und einen Blick auf die Uhr wird mir klar, dass ich die 6h am Rad deutlich überschreiten werde, was wiederum die bisherige Ernährungsstrategie (die ist auf max. auf 5h40‘ berechnet) durchkreuzt. Das bedeutet auf der zweiten Runde zusätzliche Verpflegung von den Labestellen aufzunehmen, auch wenn das Zeugs meinen Magen- und Darmtest noch nicht durchlaufen hat. Da möchtest bei den Labestellen 4, 5 Hände haben, um alles zu greifen, einzustecken, zu trinken, Wasser nachzutanken, niemanden über den Haufen zu fahren. Ah ja pinkeln müsst ich auch schon – bei den Temperaturen und Wasser von oben ist der Körper einfach so konditioniert. Aber stehen bleiben geht nicht (da würde ich ja die Wahnsinns Radzeit schmälern!), im Fahren geht gar nicht (mach doch nicht mein neues Rad an!). Das muss warten bis zur 2. WZ. Sehr froh bin ich, dass ich mittlerweile Scheibenbremsen habe, die das Vertrauen bei Nässe sehr heben! Irgendwann lese ich dann die Ortstafel von Vichy. Das Ende naht, es dauert aber noch eine Weile bis die 2. WZ wirklich da ist, denn es kommen noch gefühlte 100 90°-Kurven quer durch die Stadt (vielleicht so groß wie Eisenstadt). 100mal aus dem Sattel und wieder antreten ….

Nach einer Ewigkeit von 6:21:49 (beim IM Kalmar hatte ich einen Radsplit von ca. 4:55:00) war die 2.WZ erreicht. (Von den 5‘ Wechselzeit hab‘ ich gut 3‘ verpinkelt!)

Rechtzeitig zum Lauf ist auch die Sonne da – es wird zwar nicht heiß, aber etwas schwül. Der Plan sieht eine Pace von 4:55 – 5:10 vor. Bis km 22, 23 läuft alles perfekt. Im ersten Drittel der 3. von 4 Runden verspüre ich ein übermäßiges Durstgefühl, kurz darauf leichte Kopfschmerzen und Schwindel. Ich komme bei Renate vorbei und zeige ihr, dass es nicht gut aussieht. Bei einer kurzen bergauf Passage muss ich gehen. Irgendwann bekomme ich mit, dass Renate immer wieder am Straßenrand steht und mir zuredet. Was sie sagt, weiß ich nicht mehr, aber Hauptsache sie ist da.

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Unser Campingplatz ist nur wenige hundert Meter entfernt. Ich bin gerade 20. in meiner AK (in der Runde davor war ich noch 21.) Da geht doch einer echt langsamer als ich! Eigentlich ist mir alles wurscht, ich will mich nur mehr hinlegen. Irgendwann fange ich wieder an zu laufen, aber die Oberschenkel sind nur auf Gehen eingestellt und weigern sich mit Krämpfen. Jetzt wird jeder investierter Euro ins Startgeld an den Labestellen wieder hereingeholt – kühlen, trinken, essen, was nur reingeht. Die sind meine Zwischenziele. Auf einmal ist auch wieder eine Pace von 05:30 möglich.  Und dann ist es doch da, das Ziel! Marathon: 3:52:57, Gesamt: 11:30:37

Noch nie habe ich bei einem Bewerb solche Täler „durchgehen“ müssen wie an diesem Tag und noch nie war es so wichtig, meine beiden Mädels an der Strecke zu wissen. Ohne diese Unterstützung wäre ich wahrscheinlich abgebogen.

Die Aufgabe der HD am Trumersee war eine wohl überlegte und mit Abstand betrachtet die richtige Entscheidung – und trotzdem nagt es an mir, freiwillig aufgegeben zu haben. Wäre eine weitere Aufgabe jetzt aus einer Emotion, einem Energiedefizit oder sonst etwas heraus erfolgt, weiß ich nicht, was das mit mir angestellt hätte. Somit war das keine gute, aber sicher einer der wichtigsten Leistungen in meinem Langdistanzdasein. 

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