Saisonhighlight 2021: Meine erste Halbdistanz

Manche Erlebnisse muss man erst für sich selbst reflektieren und verarbeiten, um darüber berichten zu können. Ein bisschen geht es mir so mit meinen Eindrücken von unserem Wettkampfwochenende in Podersdorf heuer. Drei Tage voller Anspannung, Stress, Motivation, Power, Freude, Erleichterung, Dankbarkeit, Stolz … ich könnte diese Liste wahrscheinlich artikelfüllend fortsetzen. Viel ist zusammengekommen: Am Freitag Aquathlon der Kids und somit Noah am Start. Parallel dazu unser 1. TRIWomen Triathlon Podersdorf. Am Samstag meine Premiere auf der Halbdistanz, nichts was ich mir „nur nebenbei“ vorgenommen hätte. Und am Sonntag Sprint für David, sozusagen zum krönenden Abschluss. Dass meine Jungs ergebnisorientiert ihr Bestes geben werden, habe ich nicht bezweifelt. Beide haben mit starken Leistungen wieder einmal gezeigt, dass sie Triathlon leben, dass sie Triathlon lieben 😊

Eher war die Frage, ob ich mich noch an die Gesetzmäßigkeiten dieses faszinierenden Sports erinnern kann – mein letzter Wettkampf war immerhin genau ein Jahr zuvor ebenfalls in Podersdorf, damals auf der Sprintdistanz. Eine suboptimal lange Wettkampfpause aus unterschiedlichsten Gründen, die so manchen Selbstzweifel aufkommen ließ, noch dazu, weil es auf eine neue Distanz ging und auch die Vorbereitung darauf, anders als in den Jahren zuvor, durchwachsen war. Immer wieder musste ich Anpassungen vornehmen und Abstriche machen – für mich eigentlich absolute „No-Gos“. Aber ich war diesbezüglich bisher wohl auch einfach zu verwöhnt. Kaum eine Vorbereitung läuft wahrscheinlich streng nach Plan. Da muss man sich eben ein gewisses Maß an Flexibilität aneignen, ohne deswegen gleich Verunsicherung aufkommen zu lassen.

Ja, als Rookie habe ich natürlich so einige Fehler gemacht, nicht nur diesen. Zu meiner großen Überraschung habe ich das Schwimmen zum ersten Mal richtiggehend genossen. Der See war glatt wie eine Badewanne und dann Massenstart. Wenn ich früher oft auf den ersten paar Metern im Wasser panikartige Attacken unterdrücken musste, war nach den langweiligen Einzelstarts im letzten Jahr jeder Tritt und jede Ohrfeige plötzlich fast ein Dankeschön wert. Komisch, wie sich manche Dinge verändern. Und dann war ich tatsächlich überrascht, wie schnell sich so eine große Runde schwimmt. Die Suche nach den Bojen vom Leuchtturm aus war ja eher abschreckend, aber gefühlt war ich unmittelbar nach dem Startschuss auch schon bei der ersten Boje, und nicht viel später bei der zweiten und dann bin ich auch schon wieder aus dem Wasser gestiegen. So kurzweilig war bisher so manche Sprintdistanz nicht. Der Blick auf die Uhr war dann wahrscheinlich der größte Fehler an diesem Tag. Schwimmen war nicht nur kurzweilig, sondern für meine Verhältnisse auch gut: Nach 32 min. als 9. Frau in die Wechselzone zu laufen, habe ich wahrlich nicht erwartet und das hat leider meinen Ehrgeiz geweckt.

  • Facebook

Der hat sich auf der Radstrecke dann auch weiterhin mächtig Gehör verschafft, nachdem ich auf der ersten Runde förmlich das Gefühl hatte „zu fliegen“. In der zweiten Runde sind dann aber meine Flügel scheint`s ein wenig geschrumpft und die dritte Runde war richtig zäh. Leider habe ich alle Warnungen im Vorfeld von erfahrenen Triathleten in dem Moment ausgeblendet und ehrgeizig versucht, meinen Schnitt zu halten. Das ist mir auch gelungen und nach wiederum für mich unerwarteten 2:42 Std. bin ich erneut in die Wechselzone eingebogen.

  • Facebook

Auf den ersten Kilometern Richtung Hölle habe ich aber wenig später ordentlich bereut, dass ich am Rad so unvernünftig gewesen war. Kurz ist in mir sogar die Befürchtung aufgekommen, dass mich meine schmerzenden Beine womöglich gar nicht mehr bis zur Ziellinie tragen würden. Das war definitiv der Tiefpunkt. Ich habe gut 5 km gebraucht, um zu begreifen, dass ich jetzt einen Plan brauche, wenn ich mein Abenteuer HD für mich einigermaßen zufriedenstellend beenden möchte. Ich habe mich also dazu entschieden, nicht mehr zu denken. Nicht nachdenken, was alles wehtut und wie weit es noch ist und ob ich das überhaupt schaffen werde. Ich habe mir vorgenommen zu laufen, einfach nur laufen, so schnell es eben geht, ohne Blick auf die Uhr. Und ich habe mir die Strecke in Sequenzen eingeteilt, immer bis zur nächsten Labestelle. Dort ordentlich kühlen, trinken, ganz in Ruhe, ohne Stress, und dann wieder weiterlaufen, einfach laufen, meinen besten Schritt. Was der Kopf bzw. mentale Stärke ausmacht, weiß ich eigentlich längst und ist für mich deswegen auch gar nicht mehr überraschend. Aber ich muss zugeben, ich war sehr erleichtert zu spüren, dass mein Plan aufgeht. Ab km 10 habe ich gemerkt, dass meine Lebens- bzw. Kampfesgeister zurückkehren und nach der letzten Wende bei der Hölle bin ich einfach nur noch „nach Hause“ gelaufen, mit ganz viel Vorfreude auf meine Familie und die vielen lieben Freunde und Bekannten im Zielbereich, die mich zuvor schon so lautstark in die zweite Laufrunde gepeitscht hatten. Kein Wunder: Zwar ohne Rückenwind, aber mit ganz viel Heimweh und Vorfreude auf mein Finish sind mir auf den letzten Kilometern doch glatt noch einmal meine Flügelchen ein wenig angewachsen. Nach 1:54 Std. war „der Laufzauber“ dann vorbei und ich durfte nach insgesamt 5:14 Std. mehr als zufrieden und glücklich die Ziellinie überqueren.

  • Facebook

Ich kann nicht leugnen, dass es mich ein wenig stolz macht, eine HD gefinisht zu haben. Das war in meinem Kopf lang als unmöglich abgespeichert – so kann man sich täuschen. Aber natürlich schafft man so etwas auch niemals allein. Viele Mosaike müssen zusammengefügt werden, damit Erlebnisse dieser Art möglich werden und dann darf letztlich auch der Faktor Glück nicht fehlen. Das alles war mir gegönnt, ebenso wie ein motivierendes Umfeld in den vielen Trainingsmonaten zuvor, unterstützt von meiner Familie und nicht zu vergessen von Ivett, meiner besten Trainerin, die mit so viel Geduld, Verständnis und Gefühl immer wieder das Beste aus mir herauszuholen vermag. Dankbar dafür 😊

Am Ende haben sich alle Anstrengungen gelohnt, und zwar für die Momente, die bleiben und die ich nicht vergessen werde: Wenn wildfremde Menschen ebenso wie Freunde und Bekannte am Wegrand stehen und sich Zeit nehmen um anzufeuern und Kraft zu geben. Und natürlich wenn die Familie da ist und alles dafür tut, den Weg zu begleiten und das Abenteuer HD zu einem gemeinsamen Erlebnis zu machen. Ein unvergessliches Wochenende in Podersdorf …

Share This
X