Rennbericht Ötztaler Radmarathon 2021
Am Sonntag 29.8.2021 fand der 40. ÖRM statt. Aufgrund eines Felssturzes in den Wochen davor, musste eine Ersatzstrecke gefahren werden, da nach wie vor eine Sperre der Strecke Oetz – Kühtai bestand. Das bedeutete eine kleine Verlängerung der Strecke und etwas mehr Höhenmeter…
Nach dem Start in Sölden fährt man zunächst bis Haiming (unmittelbar neben der Inntalautobahn A12) das gesamte Tal raus. Dabei geht es fast nur bergab. Da es am Vortag geregnet hatte und die Straße weiterhin nass war, fuhr ich diese fast 40km sehr defensiv. Enzo, der an diesem Wochenende in Sölden gastierte, sollte mir später berichten, daß mich bis Haiming fast das gesamte Feld überholt hatte, nur ca. 300 Teilnehmer seien noch langsamer gewesen. Aber, es war kalt, nass und noch dazu hatte ich eine komplett neue Bereifung inkl. neuer Laufräder, welche überhaupt nicht eingefahren waren und ich wollte keinen Sturz riskieren. Außerdem war heuer meine längste Abfahrt Hainburg Braunsberg… Auf Höhe Längenfeld gab es auch tatsächlich einen Massensturz und ich war froh, daß ich da nicht auch beteiligt war. In Haiming angekommen geht es zum ersten Anstieg aufs Kühtai rauf. Erster kurzer Stopp um GoreTex-Adjustierung einzupacken. Im gleichmäßigen Tempo konnte ich mich aufs Kühtai zur ersten Verpflegungsstelle raufarbeiten und hatte ein gutes Gefühl. Schon vorm Anstieg habe ich begonnen ca. alle 8min einen Schluck zu trinken (Sponser Long Engergy —> glutenfrei trotz Gerstenmalz-Hydrolysat) und auch Riegel zu essen. Die Verpflegungsstellen waren bewacht mit Security und es herrschte MNS-Pflicht. Gemäß meines Plans mich vorwiegend flüssig zu ernähren, hatte ich die Getränkepulver-Packerln im Trikot, benötigte nur Wasser für die Flaschen und konnte eigentlich relativ rasch nach dem Pulver-dazu-Mischen aus der Einbahnstraße der Labestation. Aufgrund der fast eisigen Temperaturen und er bevorstehenden langen Abfahrt Richtung Innsbruck über Gries im Sellrain und Kematen, zog ich zumindest erneut die Jacke an. Froh war ich dabei auch über die Neoprenhandschuhe…
Die in der Rennbesprechung angekündigten heiklen Stellen bei der Abfahrt (Viehgitter, Asphaltarbeiten, usw.) sind mir persönlich kaum aufgefallen. Bemerkenswert war, daß in jeder Ortschaft die Freiwillige Feuerwehr im Einsatz war, um Kreuzungen und Verkehrsinseln zu sichern. Von Sellrain geht es dann flach an den Südrand Innsbrucks und in weiterer Folge auf die Brenner-Bundesstraße, vorbei an der Bergisel Schanze. Mittlerweile war es deutlich wärmer und es kam sogar die Sonne raus. Subjektiv gings mir über den Brenner ziemlich gut und es bildeten sich trotz Rückenwind hie und da Grüppchen hinter mir. Einer der zahlreichen Rennteilnehmer aus unserem „ähnlichsprachigen“ Nachbarland, hat mich dann beim Überholen gefragt, ob wir uns da als Gruppe abgesprochen hätten… Vielleicht aufgrund beginnender Unterzuckerung oder genervt, weil das Pärchen hinter mir fortwährend in einschlägigem Dialekt über bereits gemeisterte Radrennen philosophiert hatte ohne irgendwie müde zu wirken und noch dazu den Eindruck erweckte das Rad(fahren) miterfunden zu haben…, antwortete ich wohl wenig charmant und der Völkerverständigung nicht unbedingt beitragend „Oida, Hawara, geh ma ned am Keks, ich fahr mein Tempo, die anderen sind mir egal!“ Das bewegte mich dann zum Schalten auf das große Kettenblatt und Erhöhung des Tempos, was mit dann auch bis zur Labestation am Brenner gelang. Auch hier Einbahnsystem. Viele Rennteilnehmer hatten hier ihre Betreuer bei der Hand. Al self-supporter wurschtelt man sich durch ein strenges Einbahnsystem, hat Not das Rad irgendwo abzustellen. Neben Banane, Gel und Rohkost-Riegel konnte ich auch noch ein All-In-Packerl mit ca. 300kcal runter bekommen ohne Revolte im Magen. Ich wollte die Abfahrt nach Sterzing zum Verdauen nutzen bevor es den dritten Pass hochging. In Sterzing lachte die Sonne, es war fast zu warm bzw. es war mir tatsächlich im langen Trikot zu warm. Nach kurzem Flachstück in Sterzing geht es relativ bald den Jaufenpass hoch. Subjektiv für mich der unangenehmste Streckenabschnitt. Schon zwei Pässe in den Beinen, Mittagszeit, Sonne und stehende Luft auf der Pass-Straße…
Die Labestation am Jaufenpass ist knapp unterhalb der höchsten Stelle. Hier gabs zum Glück Gestelle zum Einhängen der Räder aber das lästige Einbahnsystem. Auch hier wieder Trinkpackerl von All-In gegessen um für das Finale am Timmelsjoch genug Reserven zu haben. Die Abfahrt vom Jaufenpass belohnt für den zachen Anstieg. Bei noch gutem Wetter und trockener Strecke gelang mir eine schon etwas mutigere Abfahrt nach Sankt Leonhard im Passeier. Von hier relativ flacher Anstieg bis Moos im Passeier wo es aber knackiger wird. Für mich war das Timmelsjoch dann wirklich nur noch der Punkt an dem ich mich gefreut hab und wußte, ich pack das. Kurz bevor es die Serpentinen hoch ging, zog das Wetter dann zu und es begann zu regnen. Auch schon egal, eigentlich. Oben beim Timmelsjoch-Pass-Museum dann stärkerer Regen und – viel störender – eisiger (Gegen)Wind aus NW. Die Strecke von 2015 doch nicht mehr so gut im Kopf, dachte ich „es geht eh nur noch ein bissl bergab“ ins Ziel, und wollte zunächst ohne Jacke und Regenhose ins Ziel fahren. Rasch war klar: zu nass, zu kalt, zu windig. Auch, daß es vor Hochgurgl einmal noch kurz bergauf geht, war mir nicht mehr in Erinnerung und ich war leicht geknickt… Ab Hochgurgl war das kleine seelische Tief jedoch überwunden und ich genoß die Abfahrt, konnte noch einige Leut überholen. Ab Ortstafel Sölden ca. 1500m ins Ziel inkl. Zielsprint und einfach überwältigt und froh. Dann nochmal 150Hm rauf ins Quartier und in die Badewanne.