IM Frankfurt am 8. Juli 2018 – oder anders gesagt „der Motor wird erst abgedreht, wenn ich im Ziel bin“

Mein erster und mittlerweile derzeitiger Trainer Reinhard hat vor vielen Jahren zu mir mal gesagt: „Du läufst wie eine Diesellok“ – Nachsatz von mir: „Nicht schnell, aber ewig“

Genauso habe ich mich am Sonntag gefühlt. Ich wollte alles locker angehen. Nach meinen beiden Langdistanzen in Klagenfurt 2016 und 2017 habe ich ein paar Up and Dows sowohl im Training als auch in Bewerben kennen gelernt. Immer wieder Verletzungen, mittlerweile z.T. chronischer Natur zwingen mich, mein Lauftraining eher eingeschränkt durchzuführen. Meine stärkste Disziplin wird zunehmend schlechter. Das hinterlässt nicht nur Spuren im rechten Fuß, sondern auch im Kopf. Aber zum Glück ist der Kopf noch rechtzeitig fit geworden 😊 Aber mal alles der Reihe nach…..

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Sonntag 3:08 Uhr – Wolfgang weckt mich auf. Wir drei sind wieder mit dem Wohnmobil unterwegs, Verena schläft tief und fest weiter, wir beide haben grad mal 4h geschlafen, war doch noch viel zu tun am Samstag mit Check-in usw. (sind eben andere Größenverhältnisse bei solchen Veranstaltungen). Anreise mit der U-Bahn zum Shuttle-Bus, dann stadtauswärts zum Langener Waldsee. Ankunft um 5:15 bei der WZ, dichtes Gedränge, ich bin nervös – seit gestern Nachmittag, als ich hier zum Einschwimmen war. Ich bin selten so nervös. Daheim bin ich abgelenkt, hab (mittlerweile) oft ein paar Freunde dabei. Wolfgang gibt mir jetzt noch Kraft, den notwendigen Kick für den Start – ich glaub, er ist auch ein bissi nervös, ist er doch vor 2 Jahren auch hier gestartet.

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Um 6:30 geht’s los, ab 6:40 dann auch für uns Age Grouper, um 6:58 bin ich an der Reihe. Es ist ein schwieriges, unrhythmisches Schwimmen. Immer wieder Brustschwimmer neben mir, zeitweise ein Gemetzel wie bei einer Olympischen. Ich werde ein paar Mal hinunter gedrückt – naja, der Tag fängt ja gut an. Bei den Retour-Strecken in Richtung Osten nur die grelle Sonne vor mir, noch sehr tiefstehend, also null Sicht. Nicht mal den Vordermann sieht man. Erstes Hoppala des Tages: mein Uhrband ist halb offen. Ok – stehen bleiben und richten. Im Zick-Zack-Kurs geht’s dann weiter zur Sonne bzw. zum Australian Exit. Raus – rein – und ab die Post. Weil’s so schön war, waren es dann auch ein paar Meter mehr. Da haben’s die Klagenfurter besser drauf mit der Schwimmstreckenbegrenzung. Aus dem Wasser mit 1:22h. Abhaken und weitermachen. Der Tag ist noch lange.

Am Rad läuft’s gut, fühl ich mich doch seit Wochen so richtig wohl am Rad. Alles perfekt, die NP-Watt zwar a bissi hoch, aber es fühlt sich alles wie eine lange lockere Sonntagsausfahrt an. Trinken und Gels alles nach Plan, ständig bimmelt mein 30-Minuten Alarm. Tolle Stimmung bei den Hotspots, vor allem wenn’s bergauf geht.  Kopfsteinpflaster gibt’s auch – da hätt‘ ich am liebsten mein Rad geschultert, auweia. In der City von Frankfurt, kurz bevor es in die 2. Runde geht, stehen dann Wolfgang und Verena. Die beiden haben es zum vereinbarten Hotspot nicht geschafft (na zum Glück hatte Wolfgang diesmal keine Verpflegung für mich dabei) – technisches Gebrechen vom Shuttlebus, den Wolfgang zurück nach Frankfurt genommen hat. Die 2.Runde dann etwas verhaltender – und jetzt auch im NP Bereich. Die ganze Strecke hindurch strenge Bewachung durch die TOs. Die Penalty Boxen sind gut besucht. Hoppala Nummer 2, ein Viech fliegt mir ins Gesicht, schnell Mund zu und es sticht mich in die Oberlippe. Na besser in die Lippe, als vielleicht noch geschluckt. Schnell Wasser aus der Flasche drauf, stell mir schon vor, wie ich grad ausschau, alles taub und geschwollen. Egal, drücken, und weiter geht’s. Nach 185km ab zur WZ2 …… ich freu mich auf’s Laufen! – Das hab‘ ich mich schon lange nicht mehr so wie heute.

Rad aufhängen, laufend zum Redbag (wenn da mal Platz wäre … keine schweren Beine – hey, echt leiwand) …. kein Sack da !!! Hoppala Nummer 3. Ich schau davor und danach, aber …. Ich schrei: „Mei Sackl föht“ – hätte wohl schreien müssen „kein Beutel da“ – wie auch immer, ein Helfer kommt gleich und er findet den Sack, versteckt irgendwo unten. Dann Hoppala Nummer 4, der rote Sack hat einen festen Knoten, den ich nicht gemacht habe (mir wurde bei der Abgabe garantiert, dass der Sack dann offen hängt). Egal, Sack aufreißen, Helm rein, der Helferin sagen, dass der Sack offen ist ……. Und jetzt endlich laufen.

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Wolfgang und Verena stehen gleich am ersten Km. Alles läuft gut, ich fühl mich wohl, kurze Klopause, dabei Gel reindrücken und weiter geht’s. Pace 5:30 laufen zumindest für die ersten 10km. Das war Plan A. Plan B musste aber bald her, denn es war heiß, zu heiß. Daher locker bleiben, der Hitze angepasst, es war ja top Wetter, kein Wölkchen am blauen Himmel. Perfektes Badewetter – aber gebadet wurde heute nur an den Laben. Ein Schwamm am Kopf und ein Schwamm im Nacken – und das ganze Prozedere alle 1,5km, dazu noch Wasser, Salzwasser, Iso, Cola, Gel, Redbull – manchmal auch alles auf einmal. Hab ja auch dafür bezahlt 😊

Ich laufe locker, trau mich nicht mehr zu geben, aber ich laufe zumindest aufrecht und durchgehend. Rundherum sieht’s nicht mehr so rosig aus. Bin sauer über meine Pace, aber Wolfgang gibt mir wieder Aufschwung. „Du bist schneller als die anderen Burgenländer, schneller als ……“ – „Echt jetzt?“ Na dann! Akzeptieren, abhaken und weiter geht’s. Die Dampflok läuft bis ins Ziel – durchgehend bzw. laufend. Ich hab‘ ja keine Schmerzen.

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Pace kann ich auch keine mehr kontrollieren, denn ab Km 26 ist mein Akku schwach (na zum Glück nur der vom Garmin, obwohl komplett aufgeladen). Also ein Gefühlslauf. Ende Runde 3 von 4 weiß ich’s dann, nur mehr einmal überall vorbei und die Stadt sieht mich so schnell nicht wieder. Noch immer tolles Anfeuern von den Zuschauern, ist eben ein leiwandes Gefühl, wenn man laufend (und aufrecht) überholen kann. Die letzte Brücke, Kopfsteinpflaster (ich will’s nicht mehr spüren) und ich freu mich auf den Zieleinlauf, ein langer, enger, mit rotem Teppich ausgelegter Kanal, eigentlich bergan, aber das spürt man da nicht mehr.

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Ich sehe Wolfgang und Verena stehen, die beiden pushen nochmals, aber eigentlich war ich schon davor auf Hochtouren und bereit zum Endspurt. Ich werde immer schneller, kann’s gar nicht mehr steuern, ich verzerr mein Gesicht (aber mit Kappe und Brille erkennt man eh weniger von mir), es drückt mich, jetzt noch die Tribünen, ich klatsche beim Moderator ab, der sagt meinen Namen, weine ich? Keine Ahnung, noch ein paar Meter – es ist so ein geiles Gefühl !!! Alle Zweifel an mir selbst (es war heuer irgendwie anders als sonst), alles entschädigt. Ich will noch länger hier laufen, nein, Blödsinn, ich will ins Ziel ……… es ist ein Traum, nein es ist wahr …. Ich hab’s geschafft, zwar hat’s länger gedauert als erhofft (die 5km am Rad miteingerechnet), aber ich hab’s durchgezogen, bin nichts gegangen, einfach nur etwas langsamer gelaufen, hatte keine Schmerzen, keine Einbrüche, keinen Durchfall (hab vorgesorgt) – und bin jetzt nur happy !!!!

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Wolfgang und Verena stehen nach dem Ziel gleich bei mir. Küsschen – und ich kann gar nichts sagen, hab leichte Probleme mit der Atmung (so ähnlich wie in Klagenfurt). Ich geh dann weiter in den Athleten Bereich, hol mir ein Redbull, möchte am liebsten liegen und die Beine hochlegen. Mir ist nicht gut. Setze mich und hebe meine Füße in ein kaltes Becken. Honolulu Beach Resort nennen die Deutschen das. Mein Gefühl wird nicht besser. Bin komplett steif und meine Füße schmerzen, vor allem meine angeschlagene rechte Ferse. Durch das kalte Wasser wird’s auch nicht besser. Ich gehe zum Sani-Zelt und darf mich dort hinlegen. Alle Vitalwerte sind im Normbereich, aber ich habe furchtbare Schmerzen im Fuß. Ich kenne so ein ähnliches Gefühl, auch andere intensive Trainingsbelastungen bzw. Wettkämpfe waren „danach“ teils schmerzhaft. Aber jetzt raubt mir mein Fuß die letzten Energiereserven aus meiner Mitte. Jetzt ist es schlimmer. Ich weiß nun, ich hab mein Letztes gegeben. Ich habe meine Komfortzone auf jeden Fall verlassen. Während dem Rennen war mir das nicht so bewusst, bin ich doch alles locker geschwommen, geradelt und vor allem gelaufen. Nur der Zielsprint war „wie unter Drogen“. Ich glaub, ich hab sehr wohl alles richtig gemacht und mein Bestes gegeben. Mehr war heute nicht drinn‘! Da war plötzlich nur mehr Leere in mir. Ich liege hier ewig lange, die Ärzte schauen auch regelmäßig zu mir. Mir ist kalt, ich bekomme eine Decke – ich schau nur an die Zeltdecke. Irgendwann werden die Schmerzen erträglicher. Ich darf das Zelt verlassen. Bewege mich ganz langsam, nach ein paar Minuten geht’s besser. Dann treffe ich die anderen Burgenländer (TLZ und X-Sport Team). Durch’s Plaudern geht’s bergauf, nach dem Bier fühl ich mich besser 😊 Langsam was essen, denn schnell geht jetzt mal gar nichts. Nach dem Check out und mittlerweile 1,5h treffe ich Wolfgang und Verena, beide schon besorgt um mich. Aber mir geht’s gut. Ich hab mir immer gesagt, NACH dem Rennen darf ich’s spüren (meinen rechten Fuß), aber während dem IM spür ich nichts, da wird nur gekämpft ….. wie immer !

…. Das nächste Mal beim IM Austria 2019 😊 und davor noch in Südafrika – aber das ist eine andere Geschichte !

 

Swim 3,8km: 1:21:59 (195.)

Bike 185km: 6:27:57 (118.)

Run 42,2km: 4:19:25 (86.)

12:18:58 (11. in AK45)

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