Nachdem ich im Vorjahr aufgrund meiner Ausbildung sehr wenig Zeit zum Trainieren hatte, wollte ich es heuer mit meinem Langdistanzabenteuer professioneller angehen. Nach dem ersten Teil meines Massagepraktikums im LK Hainburg und einem eher bescheidenen Wien Marathon bat ich Renate mich für meine erste Langdistanz in Podersdorf vorzubereiten.
Als ich mir einige Bewerbe im Zuge der Vorbereitung ausgesucht hatte und Renate mir danach den Trainingsplan für die erste Woche zusammenstellte, konnte es losgehen… Nach 5 Monaten intensiver Vorbereitung war ich für den Start am Samstag bereit. Das Ziel war klar: 12:00 bis max. 13:00 Stunden und so lange wie möglich Spaß haben:
Nach einer unruhigen Nacht war dann um 4:00 Tagwache. Gemütlich frühstücken, die Ausrüstung nochmals (zum 3. oder 4. Mal) kontrollieren und um 5:15 Abfahrt nach Podersdorf. Das Wetter war nicht sehr einladend. 14 Grad und böiger Nordwind. Noch schnell aufs WC und das Rad einchecken. Mittlerweile wurde es auch etwas heller. Rein in den Neopren und um 6:45 Richtung Leuchtturm zum Start. Einstieg in den relativ frischen und sehr unruhigen See. Ich platzierte mich sehr weit außen, da ich dem ganzen Getümmel aus dem Weg gehen wollte. Dies verlängerte zwar die Schwimmstrecke noch zusätzlich, da ich das Rennen aber eher nicht gewinnen würde, war es egal ;-).
Dann endlich der Startschuss. Die ersten 700m waren ein Überlebenstraining und ich hatte meine Zweifel ob ich der ersten Boje überhaupt näher kam… Durch die Wellen konnte man die riesigen Bojen meist nicht sehen und musste immer wieder stehenbleiben und nachsehen. Dann die Querung in Zickzack, da man immer wieder landeinwärts getrieben wurde. Die 700 Meter zurück zum Leuchtturm mit gefühlten 20km/h durch den Wind und das Ganze noch einmal. Mittlerweile hatte ich sogar ein bisschen Spaß dabei. Blöderweise schwamm ich wieder Richtung Leuchtturm und sah erst später, dass ich zum Schwimmausstieg wieder einige Meter zusätzlich machen musste. Die letzten Meter per pedes im See in die Wechselzone. 1:20 war für die Umstände ok, da ich es relativ chillig angegangen war. Was mich im Nachhinein wunderte ist, dass viele Mitstreiter in meiner Preisklasse um 20 (!) Minuten schneller waren. Warum auch immer…
In der Wechselzone dann ein kleiner Adrenalinschub. Ich laufe zu meinen Radabstellplatz und mein Rad ist nicht da. Ich laufe auf und ab und kann es nicht finden. Wird ja nicht jemand mit meinem Rad weggefahren sein. Als ich den Ordner um Hilfe bitten wollte, finde ich es auf der anderen Seite des Radständers mit meinen Utensilien. Ich ziehe mich gemütlich um und verlasse nach über 6 Minuten die Wechselzone.
Am Rad lasse ich mich gemütlich aus Podersdorf raustreiben und esse erst einmal gemütlich. Jetzt bin ich mal froh aus dem Wasser und mit meinem Rad unterwegs zu sein. Nach zwei Runden ist das Feld ziemlich ausgedünnt, da sich die „Halbdistanzler“ auf die Laufstrecke begeben. Essen, trinken, genießen und versuchen sich nicht auszupowern. Das ist jetzt das einzige, was ich machen kann. Gibt Schlimmeres ;-). In der 4. Runde dann plötzlich wieder Zweifel. Egal, mit Durchhängern muss man rechnen. Das Wetter ist gut. Ich fahre die Runde in knapp unter einer Stunde und ab der 5. Runde bin ich mit mir wieder im Einklang, da ich merke, dass ich zeitlich noch auf Kurs bin. Nach der 6. Runde (mittlerweile kannte ich jede Bodenunebenheit) endlich wieder in die Wechselzone.
Dort angekommen sah ich meine Freundin Daniela mit ihrer Schwester und ihrer Mutter. Das gab mir noch zusätzlich Auftrieb. Noch die halbe Bepanthen Tube auf mögliche Reibestellen am Körper verteilen, Schuhe anziehen, Kappe auf und nach 5 Minuten raus auf die Strecke.
Jetzt sehe ich meine Eltern, die ich noch begrüße und ab durch die Zuschauermenge Richtung Hölle. Durch die „gespeicherte“ Geschwindigkeit vom Radfahren und die zahlreichen Anfeuerungsrufe musste ich mich sehr zurücknehmen, damit ich nicht gleich mein ganzes Pulver verschieße. Jetzt kommt sie, die große Unbekannte, das Laufen. Mein letzter VCM war nach enttäuschenden 4:14 zu Ende. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich die Distanz nach 180km am Rad durchgehend laufen konnte… Erste Runde war aber überraschenderweise kein Problem. Wieder in Podersdorf, Stimmung genießen. Beim Rauslaufen Richtung Hölle sehe ich dann Renate und Wolfgang, die mich anfeuern. Renate fährt ein Stück mit dem Rad mit. Mir geht es sehr gut, laufe gleichmässig meine 6:00 am km, esse und trinke bei jeder Labe. Renate erinnert mich immer wieder ans regelmäßige Essen. Am Ende der 2. Runde sehe ich Patrik (der Masseur meines Vertrauens) mit seiner Andrea und dessen Kindern, die mich anfeuern. Bei der Wende abklatschen mit den Freunden und Bekannten und wieder raus in die Hölle. Meine Schritte werden zunehmend kleiner. Das war klar. Neuer Plan: von einer Labe zur nächsten denken. Vereinzelt feuern einige Zuschauer die Läufer unermüdlich auch draußen in der Hölle noch an. Gel aufnehmen und wieder Richtung Podersdorf. Die Hüften melden sich erstmals. Beim Zurücklaufen werde ich ein Stück von Wolfgang begleitet. Vor den Zuschauern machen mir noch meine Freunde eine Welle. Dankeschön. Abwechslung und rein in die Zuschauermassen und wieder ein kurzes Stück genießen. 30 km geschafft. Gefühlt laufe ich wie Pinocchio, aber ich laufe… Beim Hinauslaufen aus Podersdorf wieder bei meiner Trainerin Renate vorbei. Sie sagt, ich sehe noch gut aus (aber wahrscheinlich nur im Vergleich zu den anderen, die noch auf der Strecke sind) und sie kommt gleich mit dem Rad nach….
O.k., dann kann ich jetzt nicht gehen (hatte ich eigentlich vor, damit ich dann die letzten Meter durch die Zuschauer laufen konnte). Renate kam dann kurz vor der Wende in der Hölle. Gut so, denn bis dorthin bin ich jetzt gelaufen. Ich verabschiedete mich das letzte Mal vom Wendepunkt in der Hölle. Bis Podersdorf begleitete mich Renate und wir unterhielten uns über vergangene Wettbewerbe und das Wichtigste dabei war, ich war von mir selbst abgelenkt. Jetzt kam der mit Abstand schönste Teil: Ich dankte Renate nochmals für ihr geistiges Doping und tauchte in die Zuschauer ein. Ich grinse im Kreis und genieße jeden Meter. Im Ziel dann noch fast meine komplette engere Verwandtschaft und sogar mein Arbeitskollege ist da.
Zieleinlauf: Ich höre meinen Namen. In (für mich) unvorstellbaren 11:46 und ich war den kompletten Marathon gelaufen (in 4:19) war ich nun da. Ich bin überwältigt, kann es gar nicht in Worte fassen. Unbelievable….
Ich möchte mich hier
- bei Daniela, meiner Freundin bedanken, die in letzter Zeit einige Stunden, auch am Wochenende, auf mich verzichten musste und mich in jeder Hinsicht bei meinem Vorhaben unterstützte,
- bei Renate, meiner Trainerin, die das Unmögliche möglich gemacht hat und mich auch bei den Vorbereitungswettkämpfen professionell betreut hat
- bei Patrik, der meine Achillessehne in der letzten Woche noch hingebogen hat,
- bei meinen Schwimmtrainern Robert & Ivett,
- Bei Wolfgang, der mich mit wertvollen Tipps versorgt hat und mich auch ein Stück beim Lauf begleitete,
- bei allen Freunden und Verwandten, die mich während des Laufes unterstützt und angefeuert haben.
Danke für dieses großartige Erlebnis.
Beim Auschecken sieht ein Mitstreiter meine Nummer und macht mich darauf aufmerksam, dass ich einen der Haupttreffer gestern bei der Tombola gewonnen hätte. Nach kurzem Nachfragen bat mich die Organisation morgen bei der Siegerehrung anwesend zu sein. Ich hatte zwar den 2. Preis gewonnen (eine Polar Uhr), diese war jedoch gestohlen worden und der erste Preis ein Cross Rad im Wert von 860 € wurde nicht abgeholt, also habe ich es bekommen… Was für ein Wochenende!
Nächstes Jahr bringe ich aufgrund meiner Ausbildung zum Sportmasseur (2. Standbein) leider die Zeit für solche Wettkämpfe nicht auf, aber danach bin ich wieder zu jeder Schandtat bereit…